Ein echter Volksmusikant müsse auch ein paar Jodellieder singen können, war die Ansicht von Mutter Berti Valotti. So besuchte der junge Willi an ein paar schulfreien Mittwoch-Nachmittagen Bethli
Giezendanner (damals des öftern Jodlerin und Bassistin bei der Streichmusik Alder Urnäsch), die ihn in die Kunst des Singens einführte.
Die ersten Kontakte mit dem Naturjodel machte Willi Valotti aber beim Aufspielen im Muotathal, Toggenburg und im Appenzellerland. Dabei war er jeweils andächtiger und sehr interessierter Zuhörer.
Wenn er damals den Gesang im Muotathal eher als Geschrei empfand, ist er seit langer Zeit ein grosser Liebhaber dieser Eigenart und überzeugt, dass dieser Naturjodel bis heute am echtesten
erhalten geblieben ist.
Durch den Kontakt mit Jakob Waespe, damals Leiter der beiden Jodelklubs Wattwil und Nesslau-Neu St. Johann, trat Valotti mit 17 Jahren dem JK Wattwil als zweiter Bass bei. Nach Waespes Tod (1972)
übernahm der schon vielbeschäftigte Musiker die Leitung des Jodelklubs Wattwil und ca. ein Jahr später dirigierte er auch den Jodlerklub „Männertreu“, Nesslau-Neu St. Johann.
Bereits in jungen Jahren begleitete er an Jodlerfesten aber auch für Tonträger- und Radio/Fernsehaufnahmen Solo- oder DuettjodlerInnen. Bei einem dieser Aufnahmen lernte er Marie-Theres Marti (heute von Gunten) kennen. Vom Produzenten Alex Eugster wurde Willi ermuntert, selber Jodellieder zu komponieren. Die ersten sechs Kompositionen – inspiriert durch die beiden wundervollen Stimmen von Marie-Theres von Gunten und Ruedi Renggli – entstanden innert einem Monat und wurden sogleich auf Tonträger aufgenommen.
Der Toggenburger mit italienischem Pass fühlt sich mit dem traditionellen Naturjodel eng verbunden. Mit zeitgemässen und anspruchsvollen Gesangs-Kompositionen bringt er aber auch frischen Wind in
die Jodelkultur. Mit seinen jodlerischen Ideen stiess Valotti nicht überall auf Begeisterung. Das Chorlied „z’Alp“ zum Beispiel, das sich heute fast zu einem „Schlager“ entwickelt hat und schon
mehrmals auf Tonträger aufgenommen worden ist – stiess damals Zitat „an die Grenzen des volkstümlichen Liedguts“. Trotz negativer Kritik sangen einige Jodler, Jodlerinnen und Chöre beherzt seine
als unkonventionell geltenden Lieder. Dank ihrem Engagement hat sich heute der Name Valotti als Komponist in weiten Jodlerkreisen etabliert.
Bis heute sind aus seiner Feder rund 40 Solo-, Duett-, Terzett- und Chorlieder entsprungen. Ein Höhepunkt seines Schaffens ist sicher die Jodlerkantate „Glaube, Hoffnig, Liebi“, die in
Zusammenarbeit mit dem hervorragenden Organisten und Komponisten Wolfgang Sieber entstanden ist. Mit ihm oder von ihm wurde Valotti immer wieder inspiriert, neue Projekte zu erarbeiten, so ist
ein weiteres Werk, eine volkstümliche Weihnachtskantate „S Wiehnachtsliecht“ entstanden.
Valotti: „In jeder Musiksparte sind Neuerungen oder Weiterentwicklungen zu beobachten. Die Jodlerszene tut sich mitunter aber schwer vom alten Gleis abzuweichen. Mit meinen Kompositionen will ich
Leben in das oft zeitfremde Liedgut bringen, an dem leider nicht selten immer noch einige Interpreten oder Zuhörer verbissen festhalten. Obwohl sich meines Erachtens Musik weiter entwickeln soll,
muss Althergebrachtes aber ebenso gepflegt werden. Deshalb bin ich ein grosser Verfechter des unverfälschten Naturjodels. (leider sehr selten zu hören!) Es ist mir ein grosses Anliegen, diesen so
echt wie möglich zu erhalten. Echt heisst aber nicht anspruchslos! Ich denke, dass sich Robert Fellmann, Emil Grolimund oder Max Lienert – um jene Grössen zu nennen, die ich am meisten verehre –
im Grab drehen würden, wenn sie die Simplifizierung dessen hörten, was sie einst geschaffen haben.
Mit Nadja Räss hat Willi Valotti eine perfekte Partnerin für diverse Projekte gefunden, wann immer eine Jodlerin gefragt ist. Offen für neues, aber auch Bewahrer der Tradition ergänzen sich
die beiden Künstler hervorragend.
Pressebericht der Sonntagszeitung, 22. Juni 2008
Am kommenden Wochenende findet in Luzern das Eidgenössische Jodlerfest statt.
Es ist die Atmosphäre. Immer wieder. Und schon seit langem. Willi Valotti war 1981 zum ersten Mal am Eidgenössischen Jodlerfest, damals noch als Handorgel-Begleiter. Seither hat er kein
Eidgenössisches ausgelassen. Willi Valotti ist nicht irgendjemand. Sondern eine der wichtigsten Figuren der Schweizer Folklore. Seit Jahren juriert er an den regionalen und eidgenössischen
Jodlerfesten die Wettvorträge. Sein Fachgebiet als Juror sind Harmonie und Reinheit. Er will mit seinen Wertungen vor allem die Freunde am Wettjodeln erhalten und einen Anstoss zur Verbesserung
geben. Willi Valotti steht für die Lebendigkeit und Spannweite des Jodels. Der Jodlerklub Männertreu, den er seit 1973 dirigiert, ist ein ganz der Tradition verpflichteter Klangkörper. Das ist
der eine Valotti. Der andere ist der Komponist. Der schlägt schon mal Töne an, die nicht gerade wie eine Praliné auf der Zunge zergehen. Das brachte ihm zu Beginn seiner Komponistentätigkeit viel
Kritik ein. Mittlerweile ist die Kritik verstummt. Viele Solojodler und Jodelduette wählen an grossen Festen gezielt seine Werke, weil sie damit ihr hohes Können unter Beweis stellen können. Dass
auch in seinen Liedern die Bergwelt, die Liebe, die Jahreszeiten besungen werden, hält der Toggenbuger für legitim. „Man mag abschätzig von ‚heiler Welt‘ reden. Aber es gibt sie noch, zumindest
in den Bergen, und sie ist für ein Jodellied absolut passend. Und der Jutz ist etwas vom Ureigendsten, das wir in der Schweiz noch haben. Er ist gegend-bezogen, wie ein Dialekt und bildet in
seiner Tonfolge häufig die Topografie seiner Herkunftsregion ab.“
Ein besserer Botschafter für das Jodellied und den Jutz als Willi Valotti ist schwer vorstellbar.